Donnerstag, 1. Mai 2008

Einmal gegen die Hohe Wand

Immer wieder wollte ich zur Hohen Wand, so eine Felswand, die man sieht, wenn man von Eisenstadt Richtung Westen fährt. Imposant, obwohl gar nicht so hoch, leuchtet sie wunderschön im Licht der frühen Sonne oder steht düster im Gegenlicht der untergehenden Sonne.
Seit ich die Wand zum ersten Mal gesehen habe, wollte ich ihren Fuß besuchen und dagegenrennen. Einmal gegen die Hohe Wand. Einmal die Hohe Wand gegen mich. Und sehen, wer stärker ist.
Sie ist nicht leicht zu finden, denn sie versteckt sich hinter einer Reihe von Hügeln, die weder hoch noch Wand sind. Um zu ihrem Fuß zu gelangen, fahren wir in ein benachbartes Tal hinein und nähern uns seitlich von hinten, bis zum Beginn der Mautstraße. Für 4 Euronoachwas dürfen wir die letzten paar hundert Meter auf die Wand zufahren und dann in Serpentinen zum Hochplateau, denn !Überraschung! die Hohe Wand ist nur der Rand einer rechteckigen Torte, auf die man bei Bedarf Geburtstagskerzen stecken kann. Aber vorher halten wir unterhalb der Wand und ich renne einzweidreimal dagegen. Jutta meint, ich hätte gewonnen, weil die Wand leicht brüchig und angeknackst wirkt. Ich selber bin mir nicht so sicher, weil mein Kopf doch etwas schmerzt. Wir beschließen, die Spätfolgen entscheiden zu lassen. Einstweilen genießt die Hohe Wand meine höchste Achtung.
Noch etwas benommen lenke ich unser Auto die Serpentinen hinauf zu einem Parkplatz am Wald, von dem aus wir das Plateau seitlich angreifen wollen. Doch alles kommt anders. Ein geistig verwirrter Wegweiser schickt uns zur Abschußrampe für das geplante europäische Spaceshuttle "Goethe", einer Eisenkonstruktion, die sich in schwindelerregender Höhe über den Abgrund schiebt. Derzeit dürfen mutige Touristen die Plattform betreten und einen Blick in die Tiefe wagen.
Ein Waldarbeiter warnte uns vor magnetischen Feldern, deren Wechselwirkungen bereits Tiere und Menschen verwirrt hatten. Und schon bald erwischte es auch uns. Mit ernsthaften Symptomen cerebraler Ungereimtheiten schleppen wir uns zu einem nahe gelegenen Wirt, der selbst verwirrt wirkt. Die Stube ist dürftig befüllt mit ausschließlich alten Menschen, die mit zitternden Händen und stieren Augen die Knödel und Fleischteile in ihren Tellern attackieren. Ihre Gespräche zwischen den Schluck- und Würgevorgängen drehen sich vage um Wanderausrüstung und die gestiegene Kriminalität dank der Zugewanderten. Wir wählen aus dem reichen Angebot Bauernschmaus und KnödelmitEiundSalat. Schon bald ragt die gewaltige Portion wie eine Hohe Wand vor mir auf.

Keine Kommentare: