An der Donau, vor Tulln. Altenwörth ist Schleuse, Staustufe und Kraftwerk. Man überquert auf der Staumauer den Strom hinüber auf die Tullner Seite. Wir machen Pause und ich steige eine steile Treppe hinunter, ein paar Stufen über dem Wasserspiegel. Ich sehe und höre das Wasser, einen kleinen Ausschnitt davon und entschwinde. Mir fallen Begriffe für die Zeitleiste ein, auf der ich mich bewege.
Alles, was vor dem Jetzt liegt, ist Erinnerung. Dahin zu reisen ist möglich, aber nur in der Vorstellung und episodenhaft. Alles, was in der Zukunft liegt, ist Hoffnung, nein. Ich ändere den Begriff: Erwartung. Dahin kann ich nicht wirklich reisen, weil noch nichts im Speicher liegt. Es macht Spaß zu fantasieren, wie sie aussehen könnte, die Zukunft, und man hat die Wahl: Es kann dystopisch sein, aber ebenso gut utopisch in einem positiven Sinn.
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Hauswand in Krems, why not? |
Die Gegenwart wiederum? Ich betrachte die Wolkengebilde über mir, ihre Formen, ihre Bewegung. Und ist schon vorbei, Erinnerung. Ich dehne den Jetzt-Raum ein wenig. Er ist zäh, öffnet sich vielleicht ein paar Sekunden, in denen ich Erinnerung, Jetzt-Empfindung und Erwartung als ein Bild wahrnehme, 4 dimensional, gewissermaßen. Geil.
So das reicht. Wir haben in der Zukunft einen 2er Tisch reserviert in der Gastwirtschaft Floh in Langenlebarn, aber noch 25 km zu fahren.
Oben ist Jutta im Gespräch mit einem Paar aus Kanada in unserem Alter, unterwegs von Passau nach Wien. Wir plaudern und das Jetzt beginnt meine Erwartung zu demolieren. Kurzum wir vergessen die Zeit und sind plötzlich eine halbe Stunde im roten Bereich. Wir strampeln und erreichen etwas erschöpft das Ziel. Es war schließlich kein Problem, der Hunger dafür auch keines, aber evident. Jetzt ist das eine schöne Erinnerung.
Zum Radfahren noch eine wundervolle Beschreibung von Angela Carter aus ihrer Erzählung "Die Herrscherin im Haus der Liebe", S.176:
"Wenn auch blutjung, so ist er doch vernünftig. Für seinen Ausflug durch die Karpaten hat er das rationalste Transportmittel der Welt gewählt. Fahrradfahren ist an sich schon ein Schutz gegen jede Form von Aberglauben, denn das Fahrrad ist ein Produkt reiner Vernunft, angewendet auf die Prinzipien der Bewegung. Geometrie im Dienste der Menschheit! Gib mir zwei Kreise und eine Gerade, und ich werde dir zeigen, wie weit ich es damit bringe. Voltaire persönlich hätte der Erfinder des Fahrrads sein können, so sehr trägt es zum Wohle des Menschen bei, und rein gar nichts zu seinem Verderben. Es ist gesundheitsfördernd, stößt keine schädlichen Abgase aus und erlaubt nur höchst anständige Geschwindigkeiten. Wie könnte ein Fahrrad jemals Schaden anrichten?"
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