Freitag, 26. Juni 2015

Spectacle Island


ist eine der zahlreichen Inseln im Hafen vor Boston. Täglich pendelt eine Fähre zwischen der Insel und der Stadt. Den Namen hat sie von ihrer ursprünglichen Form: Zwei Hügel durch eine schmale Landbrücke verbunden, in der Draufsicht eine Brille. Durch Aufschüttung wurde die Landbrücke immer dicker. Die ganze Insel hat man in etwa einer Dreiviertel Stunde umwandert.
Wie so vieles hier sind auch diese Inseln Eiszeit-Relikte, Drumlins. Beim Rückgang der Gletscher vor ungefähr 10 000 Jahren blieb der Gletscherboden zurück mit rundgeschliffenen Felskuppeln. Anfangs war der Hafen noch Festland, die Inseln einfach nur Hügel und bereits von den eben eingewanderten Ureinwohnern Amerikas genutzt. 
Mit dem abtauenden Eis und dem steigenden Meeresspiegel wurden aus den Hügeln Inseln und als die europäischen Eroberer die Bucht von Massachusetts besiedelten, nutzten sie auch die Inseln.
Irgendwann baute ein Mr. Ward eine Fabrik, in der Abfälle der wachsenden Stadt Boston verarbeitet wurden. In den achtzehnhundertfünfziger Jahren wurde der gesamte öffentliche Transport mit Pferden abgewickelt, sodass auch viele Kadaver anfielen, die in der Fabrik verwertet wurden. Das Fett wurde entzogen und daraus Seife und Glyzerin erzeugt. Es muss bestialisch gestunken haben.
Auch andere Abfälle wurden aufgeschüttet und so die Fläche der Insel allmählich vergrößert. Die Brille verfettete zusehends. Der letzte größere Zuwachs entstammte dem sog. Big Dig, einem städtebaulichen Projekt im Boston der 80er Jahre. Dabei wurde die Stadtautobahn unter die Erde verlegt und die Waterfront beruhigt. Spitzname des Big Dig war Big Dump, weil viel Geld darin versenkt wurde.
Wir spazieren über die Insel und genießen die grandiosen Aussichten auf die Stadt und den Hafen.
Mit uns gekommen ist ein Schwarm blaugekleideter Kids aus einer Schule, die überall herumwuseln.
Mittlerweile ist die Insel ein Naturpark. Nur noch die Ausstellung im Infozentrum erinnert an die Höllenfabrik des Mr. Ward. Kein Haus der Familien, die hier lange Zeit wohnten, ist geblieben.
Ein Holzpavillon erinnert an ein Opfer des Anschlags auf den Boston Marathon.
Die Insel ist Teil des amerikanischen Bemühens, alte Sünden gegen die Umwelt wieder gut zu machen. Unter meinen Füßen galoppieren die entfetteten Seelen der Bostoner Kutschpferde von einem Hügel zum andern. Übernachten möchte ich doch nicht mit ihnen. Die Fähre ruft.


Eine freiwillige Parkhelferin











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