Samstag, 18. Juni 2011

Oh Gott - Cape Cod

Samstag, 18. Juni

Auch wieder etwa 3 Stunden geht es nach Süden über Boston nach Cape Cod. Breitengradmäßig entspricht unser Trip von Hanover nach New York etwa von München bis nach Rom.
Es wird zunehmend sonnig, die Wolken leichter, zarter und die Klimaanlage willkommener.
Die Skyline von Boston taucht plötzlich auf, wird so richtig imposant, als es über den Charles River geht und verschwindet mit uns im Strassentunnel. Danach begleiten uns wieder einmal diese unendlichen Mischwälder, keine Palmen. Das ist doch kein echter Süden. Man sieht auch nie aufs Meer und so sind wir auf Karten angewiesen. Am als ruhig und schön gepriesenen Sandwich vorbei, landen wir plötzlich am wunderschönen Sandstrand von Craigville Beach im Süden der Halbinsel, die auf deutsch Kap Kabeljau heisst und da im Centerville Corners.















Das Motel liegt an einer Strassenkreuzung und ist etwa 15 min. zu Fuß vom Strand entfernt.
Immerhin sind wir früh genug, um noch einen ganzen herrlichen Nachmittag dort zu verbringen und endlich schwimmen zu gehen. Jutta ist endlich am Ziel ihrer Träume, so wie Tigerente, die nicht eher Ruhe gab, bis sie in Panama ankam (Stimmt so nicht ganz, weil Panama ja überall ist!)
Zitat Jutta: "Und sie wälzte sich den ganzen Nachmittag wie eine Bekloppte im Sand. Völlig paniert ging sie dann nachhause"

Craigville Beach
Jutta war die erste




















Während ich gerade poste fragt mich ein Typ, was ich mache, "Stock Market?"
Ich verneine: "I don't need this thrill"
Er nickt verständnisvoll. Die Aktien stehen wohl nicht so gut.

Diesmal lese ich im Spiegel wirklich überraschendes. In einem Vergleich der politischen Rhetorik zwischen den USA und Deutschland fallen die deutschen Politreden durch.
Niemand traut sich, sich zu seinen Ansichten zu bekennen und Position zu beziehen. Es wird laviert und darum herum geredet. Interviews müssen autorisiert werden. Das gibt es bei den US-Politikern schon mal gar nicht. Was gesagt wird, ob holprig oder kantig, ob dumpf oder brilliant geht auch so raus, unplugged. Die Reden im Kongress oder Senat sind engagiert und drücken politische Überzeugungen aus.
Das Lob schließt ausdrücklich das politische System aus. Immerhin.
Den geistigen Wettkampf zwischen alter und neuer Welt zu beobachten, gewinnt eine andere Qualität, wenn man es aus der Neuen Welt betrachtet. Ein wenig fühle ich mich dann doch auch als Amerikaner angegriffen. Es fällt auch  aus der Distanz eine gewisse skeptische Grundierung der Europäer auf.




Dunkin' und Tanken

Das bleiben Problemzonen. Beim Tanken gelingt es mir bei Hess wieder einmal nicht, an der Zapfsäule mit der Kreditkarte zu bezahlen. Diesmal wird plötzlich und unerwartet ein Zipcode erwartet, den ich natürlich längst nicht mehr weiss. Ich werde aufgefordert die Kasse (cashier) aufzusuchen. Ich erwerbe dort wiederum mit Kreditkarte ein Guthaben von 30,-$, gehe zur Zapfsäule, worauf diese haargenau dieses Guthaben in Regular verwandelt und einfüllt. Jede Transaktion, jedes Bezahlen im Restaurant sind ein wenig verschieden. Das hält uns geezer (wer weiss noch, was es heisst?) fit Umgerechnet kostet der Liter derzeit etwa 0,70 €.

Beim Dunkin' Donut bekommen wir morgens das richtige mit unserer gebetsmässig vorgetragenen Formel: „Plain, with nothing in it“, richtig guten Espresso. Der Junge fragt uns verblüfft: „Where are You guys from?“ und erklärt uns, dass er kürzlich Wien und Salzburg besucht hat.
In Cape Cod wird es dann schwieriger, weil Jutta sich mit überforderten Mädels konfrontiert sieht.



Die Situation verbessert sich nicht, als sie „one shot“ statt „single shot“ bestellt. Nach dem Übergang zur Zeichensprache, um Mengen anzuzeigen, erhält sie aber schließlich einen perfekten riesigen Espresso mit erstaunlicher Crema.
Abends wird es dann aber mit ähnlichem Bestelltext ein großer Pott einfachen Kaffees.
Egal, es ist hier wunderschön, strahlendblauer Himmel und endlich richtiger Urlaub mit Abhängen.

Als die Sonne untergeht, fahren wir ins Zentrum von Hyannis. Der Hafen ist klein und beherbergt die Anlegestellen der Fähren nach Nantucket. Natürlich werden auch Autos verladen. Wir schrecken zusammen, als die Eagle markerschütternd das Horn zur Abfahrt bläst.
Auf der belebten Main Street setzt das Nachtleben ein. Zahlreiche Lokale laden ein und die Straße wird zum Laufsteg für den Autowahn. Oldtimer, Porsche, Muscle Cars aller Marken, Harleys, Klapperkisten, aus deren offenen Fenstern der Beat pumpt.
Ein JFK Museum ehrt die Familie, die hier in Hyannis ihren Stammsitz hat.
Besonders gespannt bin ich allerdings auf ein Denkmal, das dem Menschen gewidmet ist, der Ende des 17. Jahrhunderts das Gebiet der jetzigen Stadt für 2 Hosen und 20 britische Pfund an die Kolonisten verkauft hat. Wenn er die heutigen Immobilienpreise geahnt hätte.
Es handelt sich um den Native American Sachem Iyanno, aus dessen Name auch der jetzige Name der Stadt Hyannis abgeleitet ist. Was für ein Deal.


Wir essen an der Strasse und werden von Tatjana bedient, die auf meine Frage, woher sie stammt Weissrussland angibt. Die Muscheln sind großartig und das Defilee der bunten Karossen, aus denen manchmal die jungen Kennedys rausbrüllen, unterhält uns wie eine göttliche Komödie, Einzig Sachem Iyanno verzieht keine Miene seines stolzen bronzenen Gesichts.
Hyannis ist reich und keineswegs vergleichbar mit dem verzweifelten Hampton Beach von gestern, dafür aber teilweise frivol.


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